Andrea Stangl, Historikerin

Andrea Stangl, Historikerin

9. November 2018 Aus Von admin

Als Bewohnerin und für Erinnerungskultur zuständige Bezirksrätin der Wiener Leopoldstadt, der “Mazzesinsel”, weiß ich, wie viel es Nachfahren von Opfern bedeutet, solche Orte der Erinnerung zu haben. Es ist ohnehin eine sehr späte Form des Beitrags zu einer Wiedergutmachung, nur ein kleiner Baustein – aber mehr als nichts und für Angehörige von Opfern mehr , als wir uns vorstellen können. Diese Orte sind das, was die Menschen daraus machen, sie haben viel Bedeutung, weil sich BewohnerInnen der Häuser rundherum oft um diese Steine kümmern, sie reinigen, weil dort und da manchmal eine Kerze steht, Blumen liegen, wenn jemand der auf den Steinen erwähnten Opfer Geburts- oder den Sterbetag hat. Sie sind täglich Mahnmal und Einladung, uns mit den Biografien der Opfer zu beschäftigen, sie als Teil einer Hausgemeinschaft wieder symbolisch hinein zuholen. Wer argumentiert, sich mit Erinnerung ohnehin anders zu beschäftigen, hat nichts verstanden – oder will nichts verstehen.